Kein Interesse

Kein Interesse

Heute hatte ich ein langes Gespräch mit einer Therapeutin meines Sohnes. Alle paar Monate muss ein Test gemacht werden, der seine Entwicklungsschritte aufzeigt. Und heute war der Termin für die Auswertung des letzten Tests. Da wir uns schon länger kennen und auch ein sehr gutes Verhältnis zueinander haben, werden dabei auch mal Dinge ausgetauscht, die sicherlich nicht mit jedem Elternteil besprochen werden. Ich bekomme zusätzliche Tipps für die Förderung oder wir besprechen auch einmal private Dinge.

Automatisch kamen wir auf das „Elend“ mancher Kinder zu sprechen. Denn heute saß wieder so ein kleines „Elend“ im Wartezimmer, das man einfach nur mal ganz fest in den Arm nehmen möchte um zu drücken. Einfach nur, um diesem Kind auch mal ein wenig Nähe und Wärme zu geben. Denn von Seiten der Mutter war da leider nichts zu holen. Die saß da und telefonierte mit ihrer Freundin. Das Kind saß daneben und schaute mir und meinem Sohn sehnsüchtig zu, wie wir spielten. Draußen hatte es fürchterlich geregnet. Das Kind war nass. Normalerweise zieht man dann die nassen Sachen aus. So mache ich das auf jeden Fall. Diese Mutti sah das wohl anders. Nach einer Weile fragte ich das Kind, ob es nicht mit uns mitspielen möchte. Die Augen leuchteten… Für mich war es nur ein kleiner Schritt, für das Kind sicherlich ein großes Erlebnis.

Als ich dies mit der Therapeutin besprach, erzählte sie mir, dass da von Seiten der Mutter wirklich nichts zu erwarten wäre. Null Interesse am Kind und an dieser Förderung. Weitere Therapien, wie zum Beispiel Logopädie, würden nicht gemacht. Für die Mutter zu stressig. Die Termine bei der Frühförderung nimmt sie auch nur sporadisch wahr. Mal kommt sie – mal eben nicht. Eine Nachfrage, was mit dem Kind gemacht wurde? Fehlanzeige. Interesse, zu Hause weiter zu fördern? Nicht vorhanden. Und wenn das Kind therapiert wird, geht sie. Im Wartezimmer warten? Warum denn? Lieber geht sie Rauchen oder Kaffee trinken mit ihrer Freundin. Ich würde nie mein Kind alleine irgendwo zurück lassen. Das habe ich ihm versprochen und das ist ihm auch ganz wichtig. Zu wissen, das Mutti in der Nähe ist.

Dabei ist es gerade bei Kindern wichtig, sie zu fördern und nicht allzu schwer, Neues zu vermitteln. Kinder lassen sich so einfach begeistern. Futter für das Gehirn findet man an jeder Straßenecke. Wenn ich nur bedenke, was mein Sohn jeden Tag neu entdeckt. Dinge, die man als Erwachsener gar nicht mehr wahrnimmt, weil man ständig von ihnen umgeben ist und sie als „Normal“ betrachtet. Für Kinder sind diese Dinge ein Wunder. Aber wenn die Erwachsenen – die Eltern – kein Interesse haben, diese Wunder zu entdecken, dann bleiben sie für Kinderaugen verborgen. Dabei ist es die Pflicht der Erwachsenen, unseren Kindern genau das Futter für ihr Gehirn zu zeigen und es ihnen schmackhaft zu machen. Und das hat nichts damit zu tun, ob man finanziell gut oder schlecht gestellt ist. Das hat schlicht und ergreifend was mit Faulheit zu tun.

In diesem Sinne: betrachtet die Welt mal mit Kinderaugen.

Eure Anna